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Feldpostbriefe Paris


kriegsbedingtes familiäres Bewegungsbild


Wiedergabe der Inhalte von 15 Briefen aus dem deutsch besetzten Paris an einen Leutnant der Luftwaffe

Offenbar wurde der Luftwaffenstützpunkt Strausberg, etwa 20km östlich Berlins, während des 2. Weltkriegs durch Luftnachrichtenhelferinnen unterstützt, die aus der BDM Gruppe Werneuchen, ca. 15km nordöstlich Berlins, rekrutiert wurden. Feldwebel Heinz S. ist in nicht näher beschriebener Art und Weise für die Luftwaffenhelferinnen zuständig. Dabei lernt er dann wahrscheinlich auch die Luftwaffen Oberhelferin Irmgard S. kennen.
Zugleich stellte der Luftwaffenstützpunkt Strausberg Personal für die Luftverteidigung des deutsch besetzten Paris (ca. 900km südwestlich von Werneuchen). Dadurch wurden ständig sowohl Luftwaffenhelferinnen, als auch Luftwaffensoldaten nach Paris versetzt.
Zu Beginn der vorhandenen Briefwechsel, von dem fast nur Briefe der Frau erhalten sind, am 13. März 1943, ist Irmgard, in den Briefen als 'Pummelchen' bezeichnet, nach Paris versetzt und wohnt dort in einer Kaserne. Heinz ist weiterhin in Strausberg stationiert.
Dort deckt der Luftwaffen-Feldwebel ein nicht näher beschriebenes aber wohl größeres Dienstvergehen von Luftnachrichtenhelferinnen auf, das für die betroffenen jungen Frauen zu einer empfindlichen Bestrafung, für Heinz jedoch zur Beförderung zum Leutnant führt.

Die Briefe zeugen in hohem Maße von der Sehnsucht der Frau nach mehr Nähe, so indirekt nach einem Ende des Krieges, wovon sie sich die Erfüllung ihres Traums verspricht, den geliebten Mann immer in der Nähe und ein eigenes Heim. Heinz schätzt den Zeitpunkt des (siegreichen) Kriegsendes auf Mitte 1946.
Sie schickt ihm aus Paris Kosmetikartikel, Zigaretten und Schokolade. Nach einem gemeinsamen Heimaturlaub stellen sie fest, dass Irmgard schwanger ist. Sie heiraten Ende Oktober 1943 und die Frau zieht zurück nach Werneuchen in ihr Elternhaus, während nun der Mann nach Paris versetzt wird, wo er offenbar in einem beschlagnahmten, französischen Haus mit Garten wohnt. Es tauschen sich somit die Lebensorte der beiden. Weiterhin schickt sie ihm Päckchen mit Dingen, die sein Leben verschönern können, jedoch nun von Werneuchen nach Paris. Irmgard freut sich auf die Geburt des Kindes und schreibt ihm häufig, wie sich die Schwangerschaft entwickelt.
Von Leutnant Heinz S. sind nur zwei Schreiben überliefert, teilweise gehen seine Mitteilungen allerdings aus den Antworten der 'Oberhelferin' der Luft-Nachrichten-Truppe der Wehrmacht hervor. In einem der Schreiben beschwert er sich über die geringe Dienstbereitschaft seines obersten Vorgesetzten, der lieber gut isst und trinkt. Im zweiten Brief beschreibt er die beiden Französinnen, die ihm als Helferinnen zugeteilt sind, als wenig attraktiv und für ihn nicht begehrenswert, so dass Irmgard diesbezüglich keine Befürchtungen haben muss. Allerdings beschreibt er, dass Kameraden von ihm da nicht so zimperlich sind und er letzthin auf einem Strohsack in der Küche geschlafen habe, weil Kameraden von ihm sein Bett für sich und die beiden Französinnen beansprucht hatten.
Ab Oktober 1944 wurde der Leutnant zur Flugzeugführerschule nach Grottkau bei Falkenau (ca. 60km südöstlich von Breslau - Schlesien, ca. 260km südöstlich von Werneuchen) versetzt. Dort klagt Heinz über die schlechte Unterkunft und die verwanzten Betten. Inzwischen ist auch in Werneuchen der gemeinsame Sohn geboren worden.
Weihnachten 1944 fährt Heinz nach Hause zur Familie, entweder ohne Urlaubserlaubnis oder er hat den Urlaub überzogen. Konsequenz ist jedenfalls, dass dadurch seine fliegerische Ausbildung unterbrochen wird und er zu einem zeitlich begrenzten Strafkommando auf dem Segelflug-Ausbildungslager Sbraslawitz b. Kuttenberg (ca. 60km südöstlich von Prag - Böhmen) kommandiert wird. Hier enden die Briefe zum 5. Januar 1945.
Am 12. Januar 1945 begannen die Sowjetischen Truppen mit einer Großoffensive, in deren Verlauf sie unaufhaltsam nach Westen drängten. Bis zum 19. Januar erreichten sie Warschau, Lodsch und Kakau. Am 27. Januar befreien sowjetische Truppen die in Auschwitz verbliebenen KZ-Häftlinge. Am 16. April hat die Sowjetarmee Berlin erreicht.

Wehrmachtssoldaten in Paris 1941
Original Foto eines Wehrmachtssoldaen - Paris 1941
Eifelturm und Grabmahl des Unbekannten Soldaten


14.03.1943ParisFeldpost zum Fliegerhorst StrausbergBeschreibung des Dienstes, der Stadt Paris, LiebesbriefBrief
18.04.1943ParisFeldpost zum Fliegerhorst StrausbergVerlobte schickt von Paris Kosmetikartikel an FreundBrief
20.04.1943ParisFeldpost zum Fliegerhorst StrausbergErwähnung eines Vergehens von Wehrmachtshelferinnen, Beschreibung des Dienstes, Liebesbrief, HeimaturlaubBrief
22.04.1943ParisFeldpost zum Fliegerhorst Strausberg Liebesbrief, Heimaturlaub, Funkausbildung, Mäuse im Zimmer, Unterwasserfilm Hans Hass, Werbefilm für Ln-HelferinnenBrief
24.04.1943ParisFeldpost zum Fliegerhorst StrausbergBeförderung des Briefempfängers zum Leutnant, Erwähnung der Bestrafung von Wehrmachtshelferinnen, Beschreibung des Dienstes, der Stadt Paris, Liebesbrief, HeimaturlaubBrief
19.05.1943ParisFeldpost zum Fliegerhorst Strausbergder gemeinsame Urlaub ist zu Ende, der Brief wurde auf der Fahrt von Strausberg nach Paris geschrieben, die Schreiberin schließt nicht aus schwanger zu sein, LiebesbriefBrief
28.02.1944WerneuchenFeldpost nach Parisdas Paar ist verheiratet und die Frau ist schwanger, die Lebensorte haben sich vertauscht, er ist nun in Paris stationiert, während sie zu Hause in Werneuchen bei Strausberg ist, LiebesbriefBrief
29.04.1944ParisFeldpost nach WerneuchenDer Luftwaffenleutnant schreibt aus Paris an seine junge Ehefrau, reflektiert noch einmal die Hochzeit, befürchtet schlechtere Zeiten durch alliierte Angriffe.Brief
30.04.1944ParisFeldpost nach WerneuchenDer Luftwaffenleutnant schreibt aus Paris an seine junge Ehefrau, die offensichtlich eifersüchtig ist und eine Beziehung zu französischen Mitarbeiterinnen befürchtetBrief
08.10.1944WerneuchenFeldpost nach Grottkau (Oberschlesien)das Paar hat mittlerweile einen kleinen Sohn und der einjährige Hochzeitstag steht bevor, der Vater wurde zur Flugzeugführerschule nach Grottkau bei Falkenau in Oberschlesien (Tschechien) ersetzt.Brief
16.10.1944WerneuchenFeldpost nach Grottkaudas Paar hat mittlerweile einen kleinen Sohn, In der Kaserne ind Grottkau herrscht Wanzenplage, Luftschutzalarme in Werneuchen, das Kriegsende wird auf Frühjahr 1946 geschätztBrief
18.10.1944WerneuchenFeldpost nach GrottkauBedenken, dass das Deutsche Reich den Krieg verlieren und sie ihren Mann nie wiedersehen wird.Brief
25.10.1944WerneuchenFeldpost nach Grottkau bei FalkenauEs ist der 1. Hochzeitstag, der Mann lässt 20 rose Rosen zustellen und schreibt einen Brief, in dem er ihr seine Liebe erklärt, sie ist ganz gerührt und sehnt sich danach, dass er selbst kommen kann.Brief
22.12.1944Rüdersdorf bei BerlinFeldpost nach Grottkau bei FalkenauWeihnachten steht vor der Tür, die Ehefrau ist in Rüdersdorf bei den Eltern ihres Mannes, sie haben einen Weinachtsbaum organisiert und bedauern, dass der Mann Weihnachten nicht auf Urlaub kommen kann.Brief
3.01.1945Rüdersdorf bei BerlinFeldpost nach Sbralawitz bei KuttenbergDer Leutnant hat seine Ehefrau offenbar unerlaubt zu Weihnachten besucht oder ist nicht rechtzeitig zurückgekehrt. Er wurde daher nach Sbraslawitz in Böhmen strafversetzt, wo eine Segelflug-Startbahn angelegt werde soll.Brief
5.01.1945Rüdersdorf bei BerlinFeldpost nach Sbralawitz bei KuttenbergDie Ehefrau berichtet von einer Bekannten, die nach dem Urlaub ihres Verlobten, ebenfalls eines Leutnants, nun schwanger ist und heiratet, eine andere Bekannte hat noch immer keine Nachricht von ihrem Ehemann erhalten.Brief

Mit dem Schreiben vom 5. Januar 1945 endet die Korrespondenz,
zumindest liegen mir keine weiteren Briefe mehr vor.



© Horst Decker