Die Karte ist nach Bakum bei Vechta adressiert, wo die aus Breslau stammenden Angehörigen des Kriegsgefangenen nach der Vertreibung aus Polen bei einer fremden Familie einquartiert wurden. Das Postkarte ist - womöglich wegen Zensurvorschrift - in kleiner aber sehr sorgfältiger Druckschrift auf einem sowjetischen Kriegsgefangenenvordruck Form aus dem Lager 3888 geschrieben. Da die Karte, wie auch alle späteren, nur an seine Mutter und Kinder gerichtet ist, kann man vermuten, dass sein Vater und seine Ehefrau den 2. Weltkrieg, bzw. die Vertreibung aus Schlesien nicht überlebt haben. Unter Umständen bezeichnet er aber auch seine Ehefrau als 'Mutti', was durchaus üblich wäre, es fehlte dann jedoch ein persönlicher Abschiedsgruß, was ebenfalls üblich wäre.

Postkarte aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft, Lager 3888 - 1948



                , den 10.4.1948
Meine lb. Mutti und Söhne
Deine lb. Karte v. 29.2.48 am 9.4. mit vielen Dank
erhalten. Freue mich, dahs es Dir sowie Werner u. Siegfried
noch gut geht, was ich auch von mir sagen kann. Hoffent-
lich brauchst Du bei Deiner Arbeit nicht hungern u. dahs der
Verdienst sich ungefähr mit den Ausgaben vereinbart.
Inzwischen wird Dich Hein Lamfer aufgesucht u. berich-
tet haben, da bist Du wenigstens so ungefähr im Bilde und
weihst dann auch was los ist. Ich selbst hoffe ja auch bald
einmal bei Dir zu erscheinen. Da seid Ihr ja alle so ziem-
lich in einer Nähe. Frieda u. Walter sind wohl dann
ganz in der Nähe von Hildegard. Dahs Ruth schon verhei-
ratet sein wird, habe ich schon manchmal gedacht, aber dahs
sie gleich bis übers grohse Wasser geht, hätte sie sich wohl
auch nicht träumen lassen. Jedenfalls schicke ich Dir
wenn ich mal in Deutschland bin, ein Telegramm
u. erwarte Dich dann bei Erwin. Nun lb. Mutti wühste
ich für heut nichts Neues mehr zu berichten. So sei Du
sowie die Söhne u. alle Bekannten u. Verwandten
herzlichst gegrühst u. viele Kussels an Dich von Deinem Vati.

© Horst Decker

Bücher mit Thema 'Kriegsgefangenschaft in Russland 1939-1954'