Die Karte ist nach Bakum bei Vechta adressiert, wo die aus Breslau stammenden Angehörigen des Kriegsgefangenen nach der Vertreibung aus Polen bei einer fremden Familie einquartiert wurden. Das Postkarte ist - womöglich wegen Zensurvorschrift - in kleiner aber sehr sorgfältiger Druckschrift auf einem sowjetischen Kriegsgefangenenvordruck Form aus dem Lager 3888 geschrieben. Da die Karte, wie auch alle späteren, nur an seine Mutter und Kinder gerichtet ist, kann man vermuten, dass sein Vater und seine Ehefrau den 2. Weltkrieg, bzw. die Vertreibung aus Schlesien nicht überlebt haben. Unter Umständen bezeichnet er aber auch seine Ehefrau als 'Mutti', was durchaus üblich wäre, es fehlte dann jedoch ein persönlicher Abschiedsgruß, was ebenfalls üblich wäre.
Wenn man die Karte kritisch liest, so fällt der Satz auf, 'nichts weiter Neues' berichten zu können und die Wiederholung, des Wunsches, dass es der Kartenempfängerin gut geht. Beachtet man, welcher realer Mitteilungsstau vorherrschte und man eher Dinge abkürzte statt zu wiederholen, so bedeutet das schlicht, das sein Leben im Lager nahezu ausschließlich aus negativen Wahrnehmungen bestand, die er aber wegen der Zensur nicht berichten konnte und so letztlich nichts zum Beschreiben übrig blieb. Auch der Satz, dass Hein, ein wohl mittlerweile entlassener Mitgefangener. wohl Grüße 'usw' ausgrichtet habe, deutet darauf hin, dass unter dem 'usw' die wahren Lagerverhältnisse zu verstehen sind, die er auf seinen Briefen und Karten nicht beschreiben durfte.
Interessant sind auch die sich bei jedem Schreiben wiederholenden Beschäftigungen mit seiner baldigen Entlassung, der Sorge, dann Kleidung und einen Arbeitsplatz vorzufinden.
Es geht nicht aus der vorliegenden Korrespondenz hervor, wann der Gefangene dann wirklich entlassen wurde, allerdings fand der größte und letzte Entlassungsschub erst Oktober/November 1955 statt. Viele Gefangene haben diesen Zeitpunkt nicht mehr erlebt.
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